Unser Abenteuer von Australien kann man sehr gut in diverse Zahlen fassen, hier ein weiteres Beispiel: 3 Menschen, 30 Tage, 43462 Kilometer. Doch fangen wir von vorne an. Alles begann mit dem Traum eines kleinen Mädchens….
Es war einmal ein kleines Mädchen…
Seit ich denken kann, redet meine Mutter davon, nach Australien zu reisen. Dieser Traum entstand schon bei ihr, als sie noch ganz klein war. Im zarten Alter von 6 Jahren sah meine Mutter das erste Mal ein echtes Känguru. Sie verliebte sich sofort und wollte von da an unbedingt in das Heimatland dieser Tiere reisen. Das war 1950, zu dieser Zeit waren Reisen in ferne Länder nicht unbedingt an der Tagesordnung und so blieb es erst einmal ein unerreichbarer Traum. Meine Mutter wurde erwachsen, heiratete, gründete eine Familie, lebte ein glückliches Leben. Ihren Traum behielt sie und jeder der sie kannte, wusste auch von ihrer großen Leidenschaft für Australien. Sie bekam über die Jahre viele Reiseführer und Bildbände über das Land geschenkt und natürlich jede Menge Romane, die von Down Under handelten. Irgendwann waren die Kinder aus dem Haus, meine Eltern reisten gern und viel – nie aber führte ihr Weg sie nach Australien.
Der Tag, der alles änderte
Dann kam dieser eine Tag im Sommer 2016, an dem sich unser aller Leben änderte. An einem ganz belanglosen Sommerabend starb ganz unerwartet mein Vater. Ohne Vorwarnung, einfach so. Für uns blieb von jetzt auf gleich die Welt stehen. Wenn man ein so gravierendes Ereignis erlebt, verändert sich das eigene Leben schlagartig. Dinge die vorher wichtig erschienen, waren plötzlich völlig belanglos. Vor allem aber, wurde uns schonungslos bewusst gemacht, dass das Leben jederzeit vorbei sein kann. Man beginnt aufzuwachen und fühlt sich von nun an getrieben, zu leben, zu erleben und Träume zu erfüllen. Und so entschied sich meine Mutter, 66 Jahre nach dem ersten Kontakt mit einem Känguru, endlich ihre Australienreise anzutreten.
Die Suche nach dem Reisepartner
Ihr fehlte nun allerdings der Reisepartner. Meine Brüder fielen gesundheitsbedingt und wegen angekündigtem Nachwuchs aus. Im engen Freundeskreis fand sich auch niemand. Es blieb nur noch meine Wenigkeit. Ich bin ein viel reisender Mensch, spontan und eigentlich für jedes Abenteuer zu haben. Allerdings, auch nicht nur im Reiseverhalten, ein komplett anderer Mensch als meine Mutter. Wir hatten uns sehr gern, sprachen aber gern mal völlig aneinander vorbei und konnten uns ab und zu wegen absoluter Nichtigkeiten so richtig in die Haare kriegen – wir führten also eine ganz typische Mutter-Tochter-Beziehung. Ich dachte einige Tage intensiv nach. Würden wir eine vierwöchige Reise durch ein Land am anderen Ende der Welt zusammen überstehen? Würde das einen Einfluss auf unsere Beziehung haben? Und wenn ich nicht mitfahren würde, wäre dann der Traum meiner Mutter für immer geplatzt? Das würde ich mir niemals verzeihen. Wir mussten es also wagen. In einem Anflug von Wahnsinn beschloss ich auch noch, meinen Freund in das Abenteuer mit einzubinden. Wenn schon Beziehungen auf die Probe stellen, dann doch bitte gleich mehrere! Und so entschieden wir uns, während wir in der Sonne auf den Stufen vor der Elbphilharmonie in Hamburg saßen, endlich ihren langersehnten Traum zu erfüllen.
Die Wunschliste – ein unmögliches Pensum
Nun ging es an die Planung. Meine Mutter wollte als begeisterte Tennisspielerin unbedingt die Australian Open in Melbourne besuchen. Damit musste unsere Reise irgendwann im kommenden Januar stattfinden. Mein Freund und ich klärten mit unseren Arbeitgebern den Zeitrahmen des Urlaubs ab – uns würden etwas über 4 Wochen zur Verfügung stehen. Das klang jetzt erstmal nach viel Zeit, allerdings kannte ich da noch nicht die Liste meiner Mutter, an Dingen die sie unbedingt in Australien sehen wollte. Das waren nämlich Einige:
- Australian Open besuchen (Süden)
- Pinguine sehen (Süden)
- Sonnenaufgang am Ayers Rock (Mitte)
- Sydney & Blue Mountains (Osten)
- Kangaroo Island (Süden)
- Great Barrier Reef (Nordosten)
- Opalminen in Perth (Westen)
- Kakadu Nationalpark (Norden)
- Kängurus und Koalas sehen (diverse Möglichkeiten)
Um alle Ziele zu erreichen, mussten wir alle 6 Staaten von Australien in 4 Wochen bereisen – ein absolut unmögliches Unterfangen bei der Größe des Kontinents. Meine Mutter holte sich optimistisch wie sie ist, trotzdem ein erstes Angebot in ihrem Reisebüro ein.
Erster Planungsversuch – Reisebüro
Mit ihren Wünschen wandte sich meine Mutter nun also an ihr bevorzugtes Reisebüro. Dort erkannte man ebenfalls sehr schnell, dass sie auf keinen Fall in der kurzen Zeit so viel von Australien sehen könne. Man schickte ihr ein Angebot, in welchem zumindest Melbourne, Sydney und ein Teil der Ostküste enthalten war. Das Angebot enthielt alle Flüge, Hotels und einen Wohnwagen für 4 Wochen. Pro Person landeten wir bei einer stattlichen Summe von fast 8000,- Euro. Das überstieg alle meine schlimmsten Befürchtungen, so eine Summe konnte keiner von uns aufbringen. Zudem plante meine Mutter nur diese eine Reise nach Australien, es musste einfach möglich sein, zumindest einen großen Teil ihrer Wünsche zu erfüllen. Also begann ich die Planung selbst in die Hand zu nehmen.
Zweiter Versuch: wir planen die Reise selbst
Ich hatte schon einige Rundreisen geplant, allerdings noch nie eine so aufwendige und vor allem nicht für meine Mutter. Um Geld zu sparen, schlafe ich auch schonmal in einem Hostel, für meine Mutter war das allerdings nichts. Schon gar nicht 4 Wochen lang. Erst einmal musste ich aber klären, wie viel Australien in der uns gegebenen Zeit möglich war. Ich erkundigte mich im Freundes- und Bekanntenkreis, las Reiseblogs und rief in Reisebüros an. Die Antwort war immer die gleiche: Das ist nicht möglich, konzentriert euch auf 1-2 Staaten, mehr schafft ihr nicht.
Nun gibt es eine Sache, die ich noch nie akzeptiert habe: DAS GEHT NICHT. Diese drei Worte führen grundsätzlich dazu, dass ich mit störrischer Ausdauer und größter Sorgfalt irgendwie doch noch versuche einen Weg zu finden. Also begann ich meine ganz eigene, leicht wahnsinnige Planung einer Reise, die eigentlich so nicht möglich war. Ich schnappte mir eine Karte und kreiste die Orte auf dieser ein. Die Ziele lagen in allen Himmelsrichtungen verstreut. Ich telefonierte mit meiner Mutter und wir besprachen, auf was man am ehesten verzichten könnte. Wir einigten uns drauf, das Great Barrier Reef in Cairns zu besuchen, wo wir auch eine Menge Urwald und Nationalpark um uns hätten und so den Kakadu Nationalpark in Darwin auszulassen. Dann diskutierten wir noch kurz über den Trip nach Perth. Da die Stadt sonst nicht wirklich spektakulär sein sollte und die Opalmine am ehesten zu verschmerzen war, würden wir uns den Trip in den Westen sparen. Alles andere wollte ich irgendwie für sie möglich machen. Statt 6 Staaten musste ich jetzt also nur noch 5 einplanen – hurra. Ich recherchierte, plante, verwarf, plante neu – immer mit einem Kalender und einer Karte von Australien in der Hand. Ein Roadtrip fiel aus, so würden wir niemals alles schaffen. Es blieb also nur zu fliegen und damit eine miese Ökobilanz und eine starke Überstrapazierung unserer Flugangst in Kauf zu nehmen. Dieses Opfer mussten wir für den Lebenstraum nun allerdings bringen, es ging nicht anders.
Nach einigen Tagen hatte ich die Route festgelegt: Hamburg – Melbourne – Adelaide, inklusive Kangaroo Island – Ayers Rock – Sydney – Airlie Beach – Cairns – Hamburg. Nun ging es an die Feinplanung.
Feinplanung der Tour – Die Flüge
Um die Reise irgendwie bezahlbar zu machen, musste ich unzählige Flugpreise über Wochen hinweg und zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten vergleichen. Die meisten günstigen Angebote fand ich mittwochs oder donnerstags, in der Mitte der Nacht. Die preislich größte Herausforderung stellte der Gabelflug dar. Hier bediente ich mich eines einfachen Tricks: ich umging die Gabel, indem ich selbst einen Zwischenstopp einbaute. Ich suchte nach einer günstigen Verbindung von Hamburg nach Singapur und zurück und reservierte zunächst diese. Dann buchte ich die Strecken Singapur-Melbourne und Cairns-Singapur für einen Spottpreis hinzu. So bezahlten wir für unseren selbst gebastelten Gabelflug insgesamt nur um die 850,- Euro. Und das obwohl wir mit Emirates und dem A380 flogen – so konnte ich auch noch meinem Freund einen Wunsch erfüllen. Ich hatte die Flüge so gewählt, dass uns auf der Hin- und Rückreise jeweils ein Tag Aufenthalt in Singapur zur Verfügung stand – um uns zu akklimatisieren und die Strapazen einer lange Reise etwas zu minimieren.
In den nächsten Wochen buchte ich nach und nach die restlichen Flugverbindungen durch das Land, weiterhin verglich ich mehrmals tagsüber und nachts die Preise, um möglichst viel zu sparen. Leider gab es keinen Direktflug von Airlie Beach nach Cairns, hier fand ich eine Zugfahrt – dies wurde schlussendlich eine der schönsten Erfahrungen unserer Reise.
Für den Ayers Rock plante ich mit An- und Abreise nur drei Tage ein. Da wir Mitten im Hochsommer durch Australien reisen würden und im Outback zu dieser Jahreszeit gut und gern Temperaturen über 40 Grad herrschen konnten, wollte ich meine Mutter nur so kurz wie eben nötig diesem Heizofen aussetzen.
Zelt oder Suite – Die Unterkünfte
Als alle Verbindungen gebucht waren, kümmerte ich mich um die Unterkünfte. Wir wollten sowohl Hotels, als auch Wohnungen über AirBnB nutzen. Für den ersten Aufenthalt in Melbourne suchte ich uns eine bezahlbare AirBnB Unterkunft in Nähe des Centercourts, wo die Australian Open stattfinden würden. Hotels waren zu diesem Event maßlos überteuert. Auch in Adelaide fand ich eine gemütliche, günstige Wohnung.
In Sydney fand ich ein schönes Hotel mit Blick auf den Hafen, ein echtes Schnäppchen, welches sich in einer Nacht im Oktober auftat. Richtig Glück hatte ich bei der Suche einer Unterkunft in Cairns. Da es sich um die letzte Station unserer Reise handeln würde und wir hier ein paar Tage wirklich entspannen wollten, schwebte mir eine Behausung mit Meerblick vor. Dadurch, dass ich täglich Unterkünfte recherchierte und so langsam einen guten Überblick über echte Highlights und tolle Schnäppchen gewann, schlug sofort zu, als ich dieses Angebot sah: Eine Strandvilla direkt am Meer, mit zwei großen Ferienwohnungen, für den Viertel des Normalpreises.
Schnäppchenkiller – Die Touren
Wirklich teuer waren die Touren, zum Beispiel die nach Kangaroo Island. Fast 400,- Euro pro Person sollten wir für den zweitägigen Ausflug bezahlen. Nach kurzem Abwägen, ob wir bei eigener Anreise nicht genug sehen würden und Geld sparen könnten, buchte ich schlussendlich die Tour. Wir sollten es absolut nicht bereuen, wir werden diese zwei Tage niemals vergessen. Ich buchte auch noch eine Tour an der Great Ocean Road entlang (von Adelaide aus) und einen Segeltörn zu den Whitesunday Islands (Airlie Beach). Alle weiteren Ausflüge wollten wir vor Ort klar machen.
Die Planung der Reise kostete mich viele Wochen und etliche schlaflose Nächte. Ich hatte gefühlt 300 Flüge und 1000 Hotels verglichen. Ich kriegte jedesmal einen Schock, wenn das Geld für Flüge, Hotels oder Ausflüge mal drei von meinem Konto abging. Ich hatte Im August mit der Planung angefangen, kurz vor Weihnachten 2017 hatte ich endgültig alles gebucht und organisiert.
Die Reiseunterlagen
Da meine Mutter es ja aus Reisebüros gewohnt war Reiseunterlagen zu bekommen, stellte ich ihr eine Mappe mit einer genauen Reiseplanung, allen Hotels, Zügen und Flügen, sowie allen Ausflügen zusammen. Diese bekam sie zu Weihnachten übergeben. Wir bekamen von allen Familienmitgliedern schon einmal Australische Dollar geschenkt. Da saßen wir nun, blickten die bunten Scheine an und eine Reisemappe voller Abenteuer. Australien? Australien!!!!
Und wie überlebt man eigentlich all diese giftigen Tiere?
Wenn man jemandem erzählt, dass man nach Australien fliegt, kommt häufig folgende Reaktion: „Oh. Echt? Für mich wär das nix, da leben so viele giftige Tiere.“ Darauf folgt dann meist eine Aufzählung der giftigen Tiere und einige Geschichten, mit bösem Ausgang, die Bekannten von Bekannten widerfahren waren. Wir hörten von aggressiven Spinnen und Schlangen, die einen gezielt anspringen. Und von gefährlichen Quallen, die jeden töten, der ins Meer steigt. Auch die unzähligen Dokumentationen, die wir im Vorfeld sahen, machten nicht wirklich Mut. Gefühlt alles in Australien wollte einen töten. Seeigel, Schnecken, Pflanzen, alles schien irgendwie giftig und tödlich für den Menschen zu sein.
Giftige Tiere? Kein Problem!
Zwischen meinen Jobs als PR- und Marketing-Managerin und Coach hatte ich mir mal einen Traum erfüllt und sehr spontan und völlig unüberlegt eine Ausbildung als Zootierpflegerin gemacht. Insgesamt 4 Jahre arbeitete ich in einem großen Zoo, bis mich eine schwere Knieverletzung, meine Ideologie und die Sehnsucht nach der Texterei wieder an meinen Laptop zurückbrachte. In dieser Zeit hatte ich schon mit diversen giftigen und gefährlichen Tieren gearbeitet. Ich hatte mit grünen Mambas und Königskobras hantiert, bin mit Muränen und Haien in Aquarien getaucht und hatte Nilkrokodile „aus der Hand“ gefüttert. Alles unbeschadet. Nur eine Tierart hatte mich mehrfach in die Notaufnahme befördert – Kängurus. Ich bereitete mich nämlich immer gründlich im Vorfeld auf die Tiere vor, mit denen ich arbeitete, besonders im Bezug darauf, wie sie mir gefährlich werden konnten. Das Rote Riesenkänguru hatte ich leider völlig unterschätzt. Zweimal. Beim ersten Mal hatte mich ein ausgewachsenen Männchen mit seinem Schwanz ausgeknockt, als ich es für eine medizinische Untersuchung fangen sollte. Das zweite Mal hat mir ein Tier in die Schulter gebissen, einen Zahn abgebrochen und den Unterschenkel aufgerissen, als ich es während einer Impfung fixieren sollte. Ausgerechnet Kängurus, die meine Mutter unbedingt in Australien besuchen wollte. Auf gar keinen Fall also, würde ich nach Australien reisen, ohne mir aller Gefahren durch Fauna und Flora bewusst zu sein. Ich kaufte mir einen Tierführer und las ihn gründlich durch.
Nun wusste ich, dass uns mehrere der giftigsten Schlangen und Spinnen der Welt begegnen konnten, wir mitten in der Hochsaison für giftige Quallen am Great Barrier Reef ankommen würden und dass sich in Cairns ab und zu Touristen von Krokodilen fressen lassen. Aber ich war nun auch in der Lage die giftigen Tiere von den ungiftigen zu unterscheiden und danach das Verhalten anzupassen – ein Joker für unsere kleine Reisegruppe. Und so beunruhigten mich eigentlich nur noch die Krokodile in Cairns – und natürlich würde ich mich keinem einzigen Känguru in den Weg stellen.
14 Tage später standen wir mit unseren Taschen und einer riesigen Menge von Adrenalin am Flughafen und machten uns auf, in das größte Abenteuer unseres Lebens. Vor uns lagen unzählige Eindrücke, diverse Herausforderungen und die eine oder andere (unangenehme) Überraschung….Fortsetzung folgt!
Liebe Jule, ich bin total begeistert und freue mich Eure Reise so mit zu erle en vielen Dank, freue mich auf die Fortsetzung. Sieglinde
Danke Sieglinde, freut mich, dass do so ein bisschen „mitreisen“ kannst. Viele Grüße, Jule
Ey, doch nicht mitten im Text aufhören…
Menno!
Spannung! Es geht bald weiter, versprochen.