Ich stehe an Board der Sealink Fähre und blicke zurück auf die Insel, auf der wir die letzten zwei Tage verbracht haben. Tränen laufen mir über das Gesicht. Ich möchte nicht gehen. Dieser Ort hat mich berührt wie kein anderer jemals zuvor.

Als ich die Reiseplanung unserer vierwöchigen Australienreise aufgenommen habe, war mir Kangaroo Island kein Begriff. Da sie aber auf der Wunschliste meiner Mutter ganz oben stand, begann ich zu recherchieren. Das erste was mir auffiel: Eine Tour auf diese Insel kostet einen Haufen Geld und zwar so viel, wie wir sonst für 7 Tage Strandurlaub ausgeben. Meine Mutter wollte trotzdem unbedingt dorthin. Also plante ich einen viertägigen Aufenthalt in Adelaide ein, von wo man die Insel aus anreisen konnte. Ich versuchte die Reise irgendwie günstiger zu machen und recherchierte einen halben Tag, ob man nicht irgendwie auf eigene Faust dorthin reisen könnte. Konnte man. Die Anreise und alle Programmpunkte konnte man auf eigene Faust organisieren, wenn auch mit deutlichem Mehraufwand. Im Endeffekt würden wir allerdings nicht wirklich viel sparen, wenn wir die Fahrten Fähren, den Mietwagen, die Hotels, Eintritte und Verpflegung selbst buchen würden. Ausschlaggebendes Argument aber war, dass auf Kangaroo Island so viele Tiere wohnen und frei über die Straßen hüpfen, dass man sich laut Berichten sicher sein kann, welche zu überfahren. Da ich als einziger Fahrer in Frage kam und ganz und gar nichts und niemanden überfahren wollte, gab es nur die Möglichkeit eine Tour zu buchen.

Das Tourprogramm

Es gab mehrere Anbieter und unterschiedliche Touren, aber trotz frühzeitiger Buchung, 4 Monate vor Abflug, nur noch eine Option mit Übernachtung im privaten Zimmer. Das lag ziemlich sicher daran, dass unsere Tour ausgerechnet auf den Australia Day fiel. Wir buchten also die Adventure Tour für knapp 370 Euro pro Person. Im Programm enthalten war Folgendes:

  • Abholung von und Rücktransfer zu ausgewählten Hotels in Adelaide
  • Bus- und Fährentransfer zwischen Adelaide und Känguru-Insel
  • Sachkundiger Livekommentar von einem einheimischen Fahrer/Guide
  • Alle Eintrittsgebühren und Gebühren für Führungen auf Kangaroo Island
  • Rob’s Sheep Shearing Farm
  • Emu Ridge Eucalyptus Oil Distillery
  • Seal Bay Conservation Park
  • Little Sahara Sandboarding
  • Remarkable Rocks
  • Admirals Arch
  • Hanson Bay Wildlife Sanctuary
  • Übernachtung in der Vivonne Bay Lodge
  • Mahlzeiten (einmal Frühstück, zweimal Mittag, einmal Abendessen)

Es wurde also eine Menge geboten und wir waren gespannt, ob das gesamte Programm auf einmal nicht ganz schön anstrengend werden würde.

Willkommen im Backofen

Als wir in Adelaide ankamen, wurden wir von sonnigen 42 Grad begrüßt. Daran musste sich der Organismus erstmal gewöhnen. Wir sahen im Fernsehen Berichte, dass derzeit hunderte Flughunde und Vögel aufgrund der Hitze verendeten und jedes Mal, wenn wir einen Schritt vor die Tür machten, konnten wir das absolut nachvollziehen. Wir waren also wirklich froh am nächsten Morgen um 6 Uhr in einem klimatisierten Bus Richtung Fähranleger und Kangaroo Island zu starten und die angekündigte, weitere Hitzewelle hauptsächlich im Reisebus und auf einer hoffentlich kühleren Insel zu überbrücken.

Der Shuttle

Am nächsten Morgen liefen wir mit unserem Handgepäck – bei der Tour durfte man nicht mehr als ein Handgepäckstück bis 10 Kilo mit sich führen, unsere Reisetaschen hatten wir daher in der Wohnung in Adelaide gelassen – Richtung Busbahnhof. Schnell fanden wir den richtigen Schalter, wo wir neben einigen Infos, die Karte für den Bus und für die Fährüberfahrt erhielten. Unser Bus stand schon bereit. Die Fahrt würde knapp zwei Stunden dauern, was witzig ist, wenn man bedenkt, dass Kangaroo Island als eins der Ausflugshighlights von Adelaide angegeben wird. Ich dachte bis zur genaueren Recherche tatsächlich, der Fähranleger wäre irgendwo in Nähe von Adelaide und nun ja, für Australier ist er das eben auch. Nicht nur einmal ist uns aufgefallen, dass sie aufgrund der Weite ihres Landes einfach ein ganz anderes Verhältnis zu Entfernungen haben als wir.

Von Fortbewegungsschläfern und schönen Landschaften

Die Sonne ging grade auf und schon die zweistündige Fahrt zum Fähranleger war absolut grandios. Die Landschaft war einfach bildschön, wie aus einem Roman entsprungen. Wiesen, Felder, Seen, weit und breit keine Häuser, keine Menschen. Australien präsentierte sich mal wieder von seiner schönsten Seite. Wir sahen sogar einige Emus und Kängurus. Im Bus befanden sich neben uns viele Asiaten, die wundersamer Weise alle gleichzeitig eingeschlafen zu sein schienen. Uns war schon vor einigen Tagen aufgefallen, dass eine Vielzahl der Asiaten, die wir trafen, Fortbewegungsschläfer waren, also einschliefen, sobald sie in einem Gefährt Platz genommen hatten. Das gleiche Phänomen beobachteten wir nun wieder. Reihenweise pendelten die Köpfe im entspannten Schlafzustand hin und her. Hier und da rutschte mal jemand vom Sitz, nur um direkt wieder einzuschlafen. Viel später auf der Reise, bei einem Tauchgang im Great Barrier Reef, erlebten wir sogar ein asiatisches Pärchen was die Sicherheitseinweisung und anschließend den Tauchgang verschlief. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Überfahrt

Irgendwann kamen wir am Fähranleger an in Cape Jervis an. Die Fähre war schon gut gefüllt, wir fanden trotzdem noch einen Platz am Fenster. Die Fahrt von Cape Jervis nach Penneshaw, im Nordosten der Insel, sollte etwa 45 Minuten dauern. Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass die Überfahrt zum Teil ganz schön schaukelig werden könnte, aber wir hatten Glück. Wir hatten kaum Wellengang und genossen das Blick auf das Meer. Auf einem Monitor neben unserem Platz wurden durchgehend Videos gezeigt, von Kangaroo Island und seinen Sehenswürdigkeiten – die Vorfreude stieg.

Die Fähre nach Kangaroo Island

Ankunft auf Kangaroo Island

Am Fähranleger in Penneshaw wartete schon eine Reihe von kleinen und großen Reisebussen auf ihre Passagiere. Wir fanden unseren kleinen Bus mit dem Aufdruck „Adventure Tours“ relativ problemlos. Nur sechs weitere Teilnehmer waren an Board. Unser Tourguide für die nächsten zwei Tage hieß Jen und war eine sportliche, ältere Frau, die zur Freude aller, klares Englisch sprach ohne den heftigen australischen Akzent, den wir schon bei einigen Touren erlebt hatten. Unser letzter Tourguide hatte mit Begeisterung an jedes Wort die Silbe „eya“, gehängt was es nahezu unmöglich gemacht hatte, zu verstehen, was er uns erzählte. Jen hingegen sprach klar und deutlich, hatte ein überzeugendes aber freundliches Wesen und war als Einheimische von Kangaroo Island, ein absoluter Naturbursche – wir mochten sie sofort.

Rob und seine Schaffarm

Die Hunde treiben die Schafe ins Gatter

Unsere erste Station war laut Programm „Rob’s Sheep Shearing Farm“, eine echte Australische Schaffarm. Man muss nun dazu sagen, dass meine Mutter seit sie sechs Jahre alt ist, davon träumte nach Australien zu reisen. In ihren Träumen kam auch ein hübscher Farmer auf einer hübschen Farm vor. Sagen wir mal so, weder Rob noch die Farm waren das, was meine Mutter erträumt hatte. Ich denke, in ihren Träumen war Beides deutlich sauberer gewesen. Ich hingegen war sofort hin und weg. Nicht von Rob, aber wohl von der Farm. Sie bestand aus mehreren in die Jahre gekommene Häuser und Stallungen, mit ordentlich Spinnenweben und Gerümpel. Auf den Weiden sah man schon einige Schafe und es roch auch richtig schön nach Stroh und Tier. nach Hof. Das Tollste waren aber die drei Hütehunde – kleine, wendige, freundliche Tiere, die begeistert die Streicheleinheiten unserer Gruppe entgegennahmen. Schon bald gab Rob ihnen einige Kommandos und sie liefen davon und trieben einige Schafe in den „Showroom“. Es ist wirklich ein ganz besonderes Erlebnis diesen Hunden bei der Arbeit zuzusehen. Sie lesen die Bewegungen der Tiere und wissen offensichtlich schon weit vor dem Schaf, in welche Richtung es gleich laufen wollen wird. Sie arbeiten zudem absolut ruhig und ohne die Tiere wirklich zu treiben.

Robs Hunde haben wir sofort ins Herz geschlossen

Schafe scheren

Der Showroom war ein kleiner Raum in einer der Stallungen, wo einige Holzbänke sowie eine Schermaschine standen. Wir nahmen auf den Holzbänken Platz und Rob zeigte uns, wie er ein Schaf von Wolle befreite. Er machte seine Sache gut. Er war nach weniger als einer Minute fertig und das Schaf schüttelte sich kurz und lief dann – nicht nur von Wolle erleichtert – auf die Wiese zurück. Rob erklärte uns noch Einiges über das Fett, was sich in der frischen Wolle befindet und das Tier vor Witterung schützt. Er erzählte uns, dass er das Fett an die Emu Ridge Eucalyptus Oil Distillery verkaufe, die daraus ganz tolle Cremes und Lippenbalsam herstellen würden. Was für ein Zufall, das war nämlich unser nächster Programmpunkt.

Schäfer Rob bei der Arbeit

Unerwartete Surfer

Wir verließen die Schaffarm und machten uns im klimatisierten Kleinbus wieder auf den Weg. Kangaroo Island wird übrigens der „Zoo ohne Zäune“ genannt und wir sahen immer mehr, warum. Neben einer dichten Vegetation aus Farnen, Eukalyptusbäumen und Sträuchern sahen wir einige Wallabys, kleinere Vertreter der Kängurus und sogar einen Waran die Straße überqueren. Jen überfuhr gottseidank keinen von ihnen. Sie berichtete uns aber von den diversen weiteren Tieren, die wir auf dieser Insel antreffen könnten. Da wir gut in der Zeit waren, baute Jen noch einen kurzen Abstecher zum White Sands Beach ein. Wir stiegen aus und liefen über einen kleinen Holzsteg hinunter zum Strand. Der Strand war riesig und menschenleer. Wir freuten uns über den kühlen Wind und genossen den Blick auf die türkisblauen Wellen, als Dennis plötzlich etwas in den Wellen entdeckte. Wir dachten zunächst an einen Hai, denn wir hatten im Vorfeld erfahren, dass rund um Kangaroo Island einige Weiße Haie vorkommen würden. Bei genauerem Hinsehen erkannten wir dann aber, dass es sich um eine Gruppe von Delfinen handelte, die in den Wellen surften.

Eine Gruppe von Delfinen surft auf den Wellen

Die Emu Ridge Eucalyptus Oil Distillery

Als wir an der Destillerie ankamen, wurden wir von Jen erst mal zum Shoppen geschickt, denn sie wollte unser Mittagessen vorbereiten, welches wir auf der Terrasse einnehmen sollten. Ein Mitarbeiter des Shops erklärte uns die unterschiedlichen Produkte und wir kauften tatsächlich einige Kleinigkeiten wie Eukalyptusöl, Lippenbalsam mit Honig und Eukalyptus-Honig-Bonbons, die besonders gut für den Hals sein sollten und wirklich gut schmeckten. Zum Mittag gab es Sandwiches zum Selbstbelegen, die wir an einem großen Tisch gemeinsam aßen. Hierbei lernten wir auch unsere Mitreisenden näher kennen, die hauptsächlich aus Australien und den USA kamen und alle sehr nett waren.

In der Destillerie werden verletzte Emus gesund gepflegt

Der Seal Bay Conservation Park

Nach dem Essen ging es weiter über die Insel, unser nächstes Ziel war der Seal Bay Conservation Park im Süden der Insel. Dieser war 1967 zum Schutz der Seelöwen eröffnet worden. Sie waren bis dahin gejagt und vertrieben und die Population daher stark gefährdet worden. Zunächst wurden geführte Touren mit Guides veranstaltet, mit weitem Abstand zu den Tieren, um Geld zu sammeln und aufzuklären. Weiterhin wurden die Küsten zu Schutzgebieten erklärt und die Tiere konnten nun wieder in Ruhe ihre Jungen aufziehen. Inzwischen lebt bei Seal Bay die drittgrößte Population von Australischen Seelöwen.

Ein Strand voller Seelöwen

Mit Seelöwen am Strand

Wir warteten zunächst im Besucherzentrum, in dem wir viel Wissenswertes über Seelöwen und die Arbeit der Guides erfuhren. Danach durften wir mit einem uns zugeteilten Guide, zu einem uns zugeteilten Zeitfenster an den Strand. Es darf nämlich immer nur eine kleine Gruppe zur Zeit, unter strenger Aufsicht an einen ausgesuchten Strandabschnitt. Wir liefen über einen langen Steg aus Metall und rochen die Seelöwen, bevor wir sie sahen. Einer aus der Gruppe war nämlich in frischen Seelöwenkot getreten und die Ausscheidungen von Fischfressern riechen wirklich – ich sag mal – markant. Während wir uns noch wunderten, wie das stinkende Zeug nun hierhin gekommen war, entdeckte der Guide einen Seelöwen, der einen Meter unter unserem Steg lag und döste.

Der Kollege hatte sich einen netten Schattenplatz gesichert

Wir schlichen nun ganz leise voran, um das Tier nicht aufzuschrecken. Dann kamen wir auf eine kleine Plattform, von wo aus wir eine tollen Blick über den Strand und unzählige Seelöwen hatten. Wir hätten Luftsprünge machen können vor Freude. Wir betraten vorsichtig an den Strand und näherten uns den Tieren, während der Guide einiges über die Seelöwenkolonie erzählte. Es gäbe sehr strenge Bestimmungen, wer sich wann den Tieren nähern dürfte und sogar der Luftraum über diesem Strand sei gesperrt. Sprach er und in diesem Moment flog eine Propellermaschine über uns hinweg. Natürlich weit oben, trotzdem meldete der Guide die Sichtung direkt an die Kollegen des Besucherzentrums und erklärte uns, dass sie den Piloten ermitteln und bestrafen würden.

Wir waren inzwischen ungefähr 10 Meter an die Seelöwen herangetreten, dann bedeutete uns der Guide, dass wir hier stehen bleiben würden. Wir blieben etwa 10 Minuten, machten viele Fotos und staunten, wie wenig die Tiere die Anwesenheit von Menschen störte. Wir sahen quirlige Jungtiere, die die Wellen nutzen, um auf den Strand zu surfen. Wir beobachteten große Bullen, die gegeneinander kämpften und Mütter mit ihren Jungtieren. Es waren bestimmt hundert Seelöwen an diesem Strand mit uns. So richtig konnte keiner von uns fassen, was da grade passierte. Der Guide beobachtete die Tiere sehr aufmerksam – einmal näherte sich ein größer Bulle, woraufhin wir direkt einige Meter zurück wichen. „Der Strand gehört den Tieren, wir machen ihnen immer Platz“ so erklärte er. Als sich auf der Plattform die nächste Gruppe näherte, traten wir den Rückweg an. Was für ein großartiges Erlebnis, was mit Sicherheit keiner von uns jemals vergessen wird.

Kurze Unstimmigkeiten…

Sandboarden in Little Sahara

Der Weg nach oben

Unsere nächste Station war „Little Sahara“, wo wir mit Sandboards eine riesige Düne herunterfahren durften. Meine Mutter verzichtete darauf mitzukommen und blieb stattdessen auf der Terrasse des Besuchercafés. Ich selbst bereute, als ich mit dem Board in der Hand, in über 40 Grad den steilen Sandberg hochkletterte, dass ich es ihr nicht nachgemacht hatte. Der Berg schien nicht enden zu wollen, als wir oben ankamen, waren wir krebsrot und völlig fertig. Dennis traute sich die Abfahrt als Erstes und düste auf dem Board sitzen nach unten, so wie Jen es uns gezeigt hatte. Die Abfahrt machte einen großen Spaß und wir machten uns sofort noch einmal daran, die Düne hochzuklettern. Als nächstes fuhren wir auf dem Bauch liegend herunter, dafür brauchte man schon etwas mehr Mut – es machte nicht weniger Spaß. Danach brachen wir das Sandboarden ab, es war einfach viel zu heiß. Mit ordentlich Sand an jeder erdenklichen Stelle unseres Körpers, liefen wir zurück zum Café, wo meine Mutter schon wartete. Wir brachen auf zur Vivonne Bay Lodge, wo wir die Nacht verbringen würden.

Little Sahara

Vivonne Bay Lodge

Im Garten der Lodge wohnen freilebende Koalas

Die Vivonne Bay Lodge ist ein bisschen wir eine gemütliche Jugendherberge, mitten in der Natur. Für Dennis und mich ein Paradies, für meine Mutter war es fast zu viel Wildnis. Man muss dazu sagen, dass es auf Kangaroo Island vor Natur nur so wimmelt. Hier leben neben niedlichen Igeln und Kängurus eben auch jede Menge giftige Schlangen, Spinnen und Insekten unter ihnen die Brown Snake, die viertgiftigste Schlange der Welt, die zudem als angriffslustig beschrieben wird. Die Lodge war umgeben von uneinsehbaren Büschen und Sträuchern und keiner von uns wusste, was ihm begegnen würde, wenn er sich nachts allein auf den Weg zu den Toilettenräumen machen müsste. Meine Mutter beschloss erst mal eine Dusche zu nehmen und danach ein wenig auszuruhen.

Eine bescheuerte Idee

Der Weg zum Strand sah anfangs noch ganz einladend aus

Wir zogen uns erst einmal gemütliche Flip Flops an und beschlossen einen Kaffee zu trinken. Diesen fanden wir in der Küche der Lodge. Mit dem heißen Getränk in der Hand wanderten wir ein wenig auf der Terrasse und der Wiese vorm Haus umher. Wir sahen ein kleines Schild „To the Beach“ und entschieden mal ein paar Meter zu gehen, um zusehen wie der Weg beschaffen ist. Schon an der ersten Kurve trafen wir auf ein Wallaby, welches direkt auf den Weg vor uns sprang, uns völlig verdutzt anblickte und dann genauso plötzlich wieder im Busch verschwand. Durch dieses Erlebnis angestachelt, liefen wir weiter, auf der Suche nach weiteren Wallabys. Wir guckten links und rechts in die Büsche und hatten mehrfach Glück, eins der kleinen Minikängurus zu sehen. Irgendwann realisierten wir, was wir taten. Wir standen im Dickicht, mit einem Kaffeebecher in der Hand und Flip Flops an den Füßen, umgeben von Schlangen, Spinnen und Co. Wie bescheuert kann man sein. Wir konnten allerdings das Meer schon hören, also liefen wir weiter, in der Hoffnung einem Pfad zu folgen und immer Auschau haltend, nach allem was uns umbringen könnte. Nach weiteren fünf Minuten waren wir uns sicher, dass wir den Weg verloren und uns verlaufen hatten. Wir drängelten uns durch ein großes Gebüsch und standen plötzlich am Meer. Wir waren erleichtert und setzten uns mit dem inzwischen kalten Kaffee an den Strand, der zu einem der schönsten in Australien gekürt worden war. Er war wie alle Strände, weit, unberührt und menschenleer. Ob er nun schöner war als andere Strände, kann ich nicht sagen, aber ich war selten so erleichtert gewesen an einem Strand zu sitzen.

Angekommen am Strand

Ein paar Minuten später lachten wir über uns und diese irrsinnige Aktion. Wir saßen noch fast eine Stunde an diesem schönen Fleckchen Erde, dann suchten wir den Rückweg. Dies gelang uns und nach einiger Zeit erkannten wir auch wieder einen Teil des Weges, auf dem wir gekommen waren. Wir mussten irgendwo falsch abgebogen sein auf der Suche nach Wallabys und Schnabeligeln. Plötzlich überquerte ein Waran vor wie selbstverständlich den Weg. Er hatte uns bestimmt gehört, er würdigte uns aber keines Blickes. Es war schließlich seine Insel.

Man sieht noch den Schwanz des Warans im Gebüsch verschwinden

Die Milchstraße und unheimliches Gebrüll

Als wir nach etwa 20 Minuten wieder bei der Lodge angekommen waren, wartete meine Mutter und die anderen unserer Gruppe schon auf das Abendessen. Ganz landestypisch gab es Barbecue mit diversen Salaten. Jen setzte sich zu der Gruppe und erzählte uns noch ein bisschen über das Leben auf Kangaroo Island. Wir erzählten auf Nachfrage auch etwas über das Leben in Deutschland und alle mussten lachen, als wir meinten, dass zuhause grade Schnee liegen würde – wir saßen hier abends noch immer bei über 30 Grad. Wir fragten Jen noch, ob wir von hier nicht auch einen tollen Blick auf die Milchstraße haben würden und sie riet uns, wenn es ganz dunkel wäre uns auf die große Wiese vor dem Haus zu stellen. Meine Mutter wollte sich lieber schlafen legen, wir hatten morgen wieder einen vollgepackten Tag vor uns und wir alle waren ganz schön geschafft. Als es endlich dunkel war, schnappten wir uns eine Taschenlampe und liefen auf die Wiese. Wir löschten das Licht und blickten in den Himmel. Nachdem sich unsere Augen allmählich an die Dunkelheit gewöhnt hatten sahen wir Millionen von Sternen und mitten über uns die riesige Milchstraße. Wir standen bestimmt eine halbe Stunde hier und blickten in den Himmel. Zwischendurch mussten wir natürlich immer mal wieder den Nacken massieren und den Kopf hängen lassen, aber der Nachthimmel war einfach zu überwältigend, um aufzuhören ihn anzusehen. Plötzlich ertönte ein heiseres Gebrüll, schräg über uns aus einem Baum. Wir sprangen uns gegenseitig in die Arme, vor Schreck griffen nach der Taschenlampe und leuchteten in den Baum. Wir waren hellwach und auf alles gefasst. Wir trauten unseren Augen nicht, von welchem Geschöpf das Gebrüll gekommen war – über uns saß ein Koala und schaute uns an. Es war offensichtlich ein Männchen, was entweder ein Weibchen beeindrucken oder einen Rivalen verscheuchen wollte. Ohne Witz, wir hätten niemals gedacht, was für Geräusche aus diesen kleinen, niedlichen Tieren kommen können. Da standen wir in der Dunkelheit und hörten in der ferne weitere Koalas antworten. Wir hörten es nun auch überall um uns herum knistern und knacken. Wir leuchteten umher und sahen, dass wir von unzähligen Wallabys umringt waren, die wohl zum Fressen auf die Wiese gekommen waren und sich an uns nicht gestört hatten, da wie unbeweglich in den Himmel gestarrt hatten. Und auch jetzt hatten diese sonst scheuen Tiere, überhaupt kein Problem mit unserer Anwesenheit. Es war nun mal ihre Insel. Wir standen bestimmt noch weitere zehn Minuten auf ganz ruhig auf der Wiese und hörten dem Rupfen und Kauen und dem entfernten Brüllen der Koalas zu. Ohne Zweifel, dies war für mich der beste Ort der Welt. Irgendwann siegte leider die Müdigkeit (und die plötzliche Erinnerung, dass es ja auch jede Menge sehr große Spinnen auf dieser Wiese geben könnte) und wir begaben uns zurück zur Lodge und unser Zimmer. Wir schliefen zufrieden ein und freuten uns auf einen weiteren Tag auf dieser unglaublichen Insel. Aber das ist eine andere Geschichte.

Kangaroo Island- Teil 2

2 Replies to “Kangaroo Island – Das wilde Paradies – Teil 1”

  1. Ich lese deinen Bericht , nun ist es fast 18 Monate her ,aber durch deine Art zu schreiben bin ich
    wieder auf Kangaroo Island ( eine Insel ,die man niemals vergisst) und ich träume mich zurück.
    Wer Australien bereist ,sollte dieses Wunder der Natur, Vielfalt , Schönheit und Einmaligkeit niemals auslassen, Es ist ein MUSS,,,,…..!!!!!!!

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